Hände mit alten Tasten, die zu Ringen umfunktioniert wurden

Aus Tasten werden Ringe im Workshop "Trash Up" der Bundeskunsthalle

Trash Up!

Wie ein Workshop alle vereint

Am 25. November 2017 startet die neue Workshop-Reihe Trash_Up in der Bundeskunsthalle. Aussortierte Gegenstände sollen dann kreativ upgecycelt werden. Im Sinne der Wiederverwertung wird aus Alt damit Neu! Genauso neu ist aber auch das Konzept: Als gemeinsames Projekt der Kunstvermittlung haben Jens Bohnsack (Workshops), Katja Schöpe (Integration) und Birgit Tellmann (Inklusion) einen Workshop erarbeitet, der ausnahmslos für jede*n zugänglich sein soll.

Was ist an dieser Workshop-Reihe anders und warum habt ihr euch für dieses Konzept entschieden?

Jens Bohnsack: Sonst versuchen wir immer ein präzises Label, eine Beschreibung, zu finden, um die Menschen direkt anzusprechen, die wir zum Workshop einladen möchten. Das ist eine Beschränkung, die uns dabei hilft, ein Angebot zu stricken, das den Bedürfnissen genau dieser Workshop-Teilnehmer gerecht wird. Unsere freien Mitarbeiter*innen haben so genau die Kompetenzen, die benötigt werden. Es gibt also genügend Gründe, warum wir zu unseren Workshops immer ein präzises Label erarbeiten. Ebenso gibt es aber auch einen starken Grund, um innerhalb dieser neuen Workshop-Reihe das Grundkonzept zu verändern.

Katja Schöpe: Bisher haben wir Workshops, die besonders gut angenommen wurden, auch für Menschen mit Fluchthintergrund als interkulturellen Workshop angeboten. Für dieses Angebot waren vor allem viele Initiativen und Integrationskurse sehr dankbar. Andererseits bekommen wir Feedback, dass viele der Geflüchteten den Wunsch haben, nicht immer separiert als geschlossene Gruppe durch die Bundeskunsthalle zu laufen. Man sitzt in seiner Flüchtlingsunterkunft oder dem Integrationskurs nur mit den anderen Geflüchteten zusammen. Und dann ist man auch hier bei uns wieder nur unter sich. Viele haben den Drang, Deutsch zu lernen oder einfach zu sprechen außerhalb der Blase des Deutschkurses. Eine natürliche Sprachsituation oder das Kennenlernen anderer Leute auf einer lockeren Ebene ist selten möglich.  Daher ist es unser Wunsch, einen Workshop anzubieten, bei dem wir das Label „interkulturell“ wegnehmen und den Workshop für alle Menschen öffnen. Es ist egal, ob man in Bonn geboren ist oder in Iran oder Irak. Alle dürfen kommen, aussortierte Dinge mitbringen und dann gemeinsam das Mitgebrachte upcyceln. Wir sind gespannt, was für Ergebnisse innerhalb dieses Workshops entstehen werden.

Gilt diese Einladung an alle denn nicht für jeden Workshop?

Katja Schöpe: Ja, auf Anfrage durchaus. Aber nun sprechen wir die Einladung ganz bewusst aus. Wir wollen einen bunt gemixten Workshop, mit dem wir dennoch jedem Teilnehmer gerecht werden können.

Jens Bohnsack: Die zwei Hauptkomponenten, aus denen wir das Angebot thematisch entwickelt haben, sind zwei recht universelle Themen. Das Thema „Wetter“ bietet sich an, weil das Wetter natürlich etwas ist, das jeden von uns betrifft. Man kann gar nicht anders, als sich in irgendeiner Weise dazu zu verhalten. Ebenso produziert man leider auch täglich Müll, weswegen auch Nachhaltigkeit, Recycling und Upcycling mit in die Workshop-Thematik eingeflossen sind.  Mit diesem breiten Angebot erhoffen wir uns, jedem gerecht zu werden.

Birgit Tellmann: Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen sind herzlichst eingeladen, zusammen in einer Gruppe mit drei Kunstvermittler*innen und Künstler*innen eine neue Form der Zusammenarbeit auszuprobieren. Wir wollen ganz bewusst niemanden nach Alter oder Bedürfnissen separieren. Bei der gemeinsamen Herstellung von Karnevalskostümen haben wir genau mit dieser Variante schon einmal experimentiert. Und nun möchten wir diese Art der Workshops weiterführen. Sicherlich muss aber jemand, der Assistenzbedarf benötigt, das im Voraus anmelden.

Sind die Workshops termingebunden oder frei buchbar?

Katja Schöpe: Es gab die Nachfrage, ob man den Workshop als Gruppe buchen kann, aber das würde wie sonst auch zu einem geschlossenen Kreis führen. Der Kerngedanke, dass wirklich jeder kommen kann, würde verloren gehen. Deswegen sind die festen Termine bewusst gewählt.

Jens Bohnsack: Es handelt sich auch um einen anderen Personalschlüssel, da wir drei Mitarbeiter*innen brauchen, die interkulturell, inklusiv und künstlerisch-praktisch geschult sind. Es ist schon ein recht aufwendiges Unterfangen.

Gibt es Vorgaben, was die Teilnehmer zum Workshop mitbringen sollen?

Katja Schöpe: Wir sprechen hier von Ausgedientem – das kann alles Mögliche sein. Der erste Workshop dient als eine Art Schnupperkurs, da dieser kein übergeordnetes Motto hat. Den nachfolgenden Terminen haben wir je ein Thema gegeben, das trotzdem recht offen ist.  Im Dezember findet der „Last-Minute-Weihnachtsgeschenk“-Workshop statt, bei dem man gerne alte Geschenke mitbringen darf, aber auch sonst alles, was man Zuhause aussortiert.

Was habt ihr im Schrank, das ihr mitbringen würdet?

Jens Bohnsack: Ich bin ein Mensch, der Dinge nicht lange aufhebt. Deswegen fällt mir nur eine Sache ein, die ich mitbringen würde. Mein missglücktes Fotoprojekt, das leider komplett anders aussieht, als es ursprünglich sollte.  An diesem Bild würde ich gerne arbeiten, denn ich habe nichts zu verlieren. Es kann nur schöner werden.

Birgit Tellmann: Ich hebe wirklich wahnsinnig viel auf, besonders praktische Dinge. Als erstes würde mir altes Kinderspielzeug in den Sinn kommen. Das würde ich zu etwas Neuem gestalten. Ansonsten würde ich in der Ecke der ungelesenen oder nicht mehr zu lesenden Büchern aussortieren, um aus dem Papier schöne Collagen oder Cover zu gestalten. Passend dazu gibt es den Workshop „Papercuts“, bei dem es sich komplett um das Upcycling von Papier dreht.

Katja Schöpe: Zum Workshop würde ich vielleicht meinen Samowar, einen alten russischen Teekocher, mitbringen. Eigentlich hat der keinen Nutzen mehr, aber ich konnte mich bisher noch nicht von ihm trennen. Generell fällt es mir schwer, mich von geliebten Dingen zu trennen.

Birgit Tellmann: Man bekommt bestimmt auch viele Anregungen von den anderen Workshop-Teilnehmer*innen. Es wäre doch schön, wenn man kleine Kunstwerke verschenkt und damit anderen eine Freude machen würde. Zumal die Weihnachtszeit sich nun wirklich rasend schnell nähert.

Wird diese Variante des offenen Workshops in Zukunft auch für andere Angebote übernommen?

Katja Schöpe: Ein solches Projekt benötigt natürlich Gesprächsbedarf, besonders wenn man, so wie wir, mehrere Bereiche des Hauses involviert. Wir werden nach dieser Workshop-Reihe auswerten, was gut gelaufen ist und was nicht. Genaueres über die mögliche Übertragung dieses Konzepts auf andere Angebote lässt sich jedoch erst im nächsten Jahr sagen. Jetzt freuen wir uns auf die kommenden Workshops!

Eine Schallplatte als Tablett
Eine Schallplatte als Tablett
Ein Mobilé vor herbstlichem Hintergrund
Ein Mobilé vor herbstlichem Hintergrund
Ein Stiftehalter
Ein Stiftehalter
  1. Foto, 2017 © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
  2. Foto, 2017 © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
  3. Foto, 2017 © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
  4. Foto, 2017 © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

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