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Aby Warburg

Bilderuniversum aus tausend Abbildungen

In den 1920er Jahren entwickelte der Kunst- und Kulturwissenschaftler Aby Warburg (1866–1929) seinen Bilderatlas Mnemosyne, der wiederkehrende visuelle Themen, Gesten und Muster von der Antike über die Renaissance bis zur Gegenwartskultur nachzeichnet.

Aby Warburg studierte die Wechselwirkungen von Bildern aus verschiedenen Epochen und kulturellen Kontexten. Er entwickelte den Bilderatlas Mnemosyne, um die Einflüsse der Antike auf die Renaissance und weit darüber hinaus bildlich darstellbar zu machen.

Erkenntnisinstrument

Der Bilderatlas bestand in seiner letzten Version aus 63 großen schwarzen Tafeln, auf denen Warburg fotografische Reproduktionen von Kunstwerken aus dem Mittleren Osten, der europäischen Antike und der Renaissance neben zeitgenössischen Zeitungsausschnitten und Werbeanzeigen anordnete. In den Jahren vor seinem Tod 1929 experimentierten Warburg und seine engsten Mitarbeiter*innen Gertrud Bing und Fritz Saxl mit Form und Funktion des Bilderatlas. Ihr Ziel war eine Publikation, die für die Diskussion zwischen Expert*innen ebenso wie für das breitere Publikum gedacht war. Im Entstehungsprozess entwickelte sich der Atlas zu einem Erkenntnisinstrument.

„Ich will lieber mit den Adlern irren, als mit den Würmern Recht haben.“ – Aby Warburg

Inspiration und alternative Routen

Warburgs Methode setzte neue Maßstäbe: Sie bestand darin, kanonisierte Bilder neu anzuordnen und sie Epochen übergreifend zu betrachten; sein Projekt überschritt die Fachgrenzen zwischen Kunstgeschichte, Philosophie und Anthropologie und war grundlegend für die aktuellen Disziplinen der Bild- und Medienwissenschaften. Heute bietet sein Umgang mit dem Bildgedächtnis Inspiration und alternative Routen durch eine von visuellen Medien bestimmte Realität.

„Der liebe Gott steckt im Detail.“ – Aby Warburg

Die Ausstellung stellt die letzte dokumentierte Version des Atlas von 1929 nahezu vollständig mit den Originalabbildungen wieder her: Dafür haben die Kuratoren Roberto Ohrt und Axel Heil in Zusammenarbeit mit dem Warburg Institute, den größten Teil der originalen, teils farbigen 971 Abbildungen in der 400.000 Objekte zählenden Photographic Collection des Instituts aufgespürt – und präsentieren so zum ersten Mal nach Warburgs Tod und nach der Berliner Station auch in der Bundeskunsthalle alle 63 Tafeln seines unvollendeten Hauptwerks.

Zudem sind 20 unveröffentlichte großformatige Abbildungen von Tafeln zu sehen, die bisher nur im Archiv des Warburg-Instituts zugänglich waren: Sie gehören zu den Vorversionen des Atlas, größtenteils im Herbst 1928 entstanden, und werden in großen Fotoabzügen von den schwarz-weißen Originalnegativen präsentiert. Die Bildlegenden wurden von Roberto Ohrt, Axel Heil und der Forschungsgruppe Mnemosyne seit 2012 aktualisiert und ergänzt und zeigen den Forschungsstand von Februar 2020.


Bilderatlas Mnemosyne – Das Original
bis 25. Juli 2021
in der Bundeskunsthalle