Inside Exiles

Kunst aus dem Exil

Exil. Ein alltäglicher Begriff, hinter dem sich Geschichten von Leid, Unterdrückung, Verfolgung und Überleben verbergen. Weiterleben unter neuen Bedingungen, neuer Kultur, neuer Sprache. Und natürlich mit neuen Chancen, die in vielen Fällen die Initialzündung für große Werke waren oder sind. Ein Gespräch mit Felix Knoblauch, dem künstlerischen Leiter des Ensembles electronic ID.

Ein intermediales Konzert

„Klingt gut.“ ist der Titel einer Konzertreihe, die der Deutsche Musikrat in Zusammenarbeit mit der Bundeskunsthalle jährlich in Bonn veranstaltet. Dieses Jahr ist es die Ausstellung „Bestandsaufnahme Gurlitt“, die den Rahmen für das intermediale Konzert Inside Exiles bildet. Die Kunst also, die unmittelbar mit dem Schicksal der Sammler, Künstler oder Händler in Verbindung steht. „1933 bis 1945 gab es eine ziemlich breite Welle an Immigration im intellektuellen Bereich, viele Künstler sind geflohen und haben im Ausland weitergewirkt. Die Idee war, ein Konzert zu gestalten, das den Schwerpunkt auf Kunst setzt, die im Exil entstanden ist. Da haben wir uns ein paar Gedanken gemacht, und daraus ist ein Konzept entstanden, das im Prinzip rein akustische Stücke nimmt und Komponisten, die mit Exil in Zusammenhang gebracht werden können, und das in einer Art und Weise darzubieten, dass es intermedial funktioniert.“ Intermediale Kunst ist eines der Erkennungszeichen von electronic ID, aber was konkret kann man sich darunter vorstellen? „Das bedeutet, dass wir sehr stark mit medienübergreifenden Methoden arbeiten. Wir haben eine Moderation, in diesem Fall von Klaus Kauker, die intermedial funktioniert. Er wird nicht persönlich auf der Bühne zu sehen sein, er wird als Video auf die Leinwand projiziert. Das wird mit verschiedenen sozialen Medien funktionieren. Er wird via Skype mit Sarah Nemtsov sprechen. Auf der anderen Seite, was die reine Performance angeht, wird es eine Licht-Klang-Installation von Dawid Liftinger geben.“

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Exil als schöpferisches Element?

Viele Künstler erleben im Exil einen enormen schöpferischen Input. Es gibt sogar Künstler, die erst durch die besondere Situation des Exils in der Lage waren, Meisterwerke zu schaffen. Wie sehen Sie das? „Hanns Eisler, der in die USA immigriert ist und da seine besonders kreative Schaffensphase hatte, nannte sein Stück ‚Vierzehn Arten den Regen zu beschreiben‘ eines seiner besten Kammermusikwerke überhaupt.“

Exil als verbindendes Element

Neben Hanns Eisler sind die Komponisten Isang Yun, Sarah Nemtsov und Wassim Ibrahim Bestandteil des Konzerts. Musikalisch stehen sie eher diametral zueinander, wo sind die Gemeinsamkeiten? „Das Spannende ist, dass der rote Faden nicht in der Musik zu finden ist, sondern vielmehr in der Thematik Exil. Musikalisch, und das macht es so spannend, sind die ja wahnsinnig verschieden. Verschiedener kann man fast nicht sein. Wir haben zwei lebende Komponisten, die beide auf eine ganz eigene Art mit Exil in Verbindung gebracht werden können. Sarah Nemtsov, aus einer jüdischen Kultur kommend, mit entsprechenden Hintergründen, Wassim Ibrahim als jemand, der aus Syrien nach Krakau gekommen ist, um dort zu studieren, und dessen Familie noch immer in Syrien lebt und natürlich unmittelbar in diesen Konflikt verwickelt ist. Und auf der anderen Seite die beiden Komponisten, die schon tot sind. Den Koreaner Isang Yun, der nach Deutschland kam, von dort nach Südkorea entführt wurde, und wieder zurück nach Deutschland kam. Und Hanns Eisler, den wir eben schon hatten. So hat man zwar musikalisch keinen unmittelbaren Zusammenhang, aber trotzdem gibt es eine übergeordnete Thematik, die alle verbindet. Und das kann man in jedem Stück auch hören, als großen Eindruck, was es für jemanden bedeutet, Exilant zu sein.“

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INSIDE EXILES electronic ID
Intermediales Konzert zur Ausstellung „Bestandsaufnahme Gurlitt“
Mittwoch, 21. Februar 2018, 19 Uhr, Bundeskunsthalle