K. Schöpe und J. Bohnsack im Gespräch

Meet & Speak

Deutsch lernen mit Emojis

Meet & Speak lädt deutschsprachige Gruppen dazu ein, Sprachpaten zu werden und den interkulturellen Dialog zu fördern. Die Idee ist denkbar einfach – Kunstvermittlung als offener Dialog –, doch für die Geflüchteten und Migranten, die die deutsche Sprache erlernen wollen, ist gerade der Kontakt zu Muttersprachlern eine ebenso große Hilfe wie Hürde.

Verantwortlich für Idee und Umsetzung dieses neuen Formats ist Katja Schöpe (Inklusion/Integration). Wir trafen sie und ihren Kollegen aus der Kunstvermittlung, Jens Bohnsack (Bildung, Workshops), für ein Gespräch über Lernprozesse, Momente des Austauschs und den Einsatz von Emojis.

 

Was ist Meet & Speak? Wieso braucht es das, und wie seid ihr darauf gekommen?

Katja Schöpe: Die Idee entstand durch etliche Rückmeldungen. Wenn wir mit unseren Multiplikatoren, also mit Leuten aus Flüchtlingsinitiativen und Helferkreisen, zusammensitzen, bekommen wir immer wieder gesagt, dass Geflüchtete gerne deutsch sprechen möchten, das privat aber nie gelingt. Sie sprechen es in der Volkshochschule oder in ihrem Sprachkurs, und sobald sie diesen Raum wieder verlassen, fällt es ihnen schwer.

Es fehlt der Kontakt zu Muttersprachlern?

Katja Schöpe: Genau. Deshalb braucht es eine Plattform, die die Menschen zusammenbringt. Es soll ein Raum geschaffen werden, um sich zu treffen und um ins Gespräch zu kommen. Bei Meet & Speak dienen die Kunstwerke als Impuls- und Ideengeber, die vielleicht noch zu weiteren Gesprächsthemen führen. Auch das praktische Arbeiten ist bewusst ausgeklammert. Es ist kein Workshop. Es soll eben auch eine Zielgruppe ansprechen, die ganz klar sagt: Ich möchte jetzt mal nichts selber machen und kreativ arbeiten, sondern einfach nur Gespräche führen.

Jens Bohnsack: Dabei sind sie ja bei dem Dialog sehr aktiv. Die Ausstellung wird erst kurz zusammen angeschaut und dann bekommen sie Emojis in die Hand, mit denen sie durch die Ausstellung laufen und ihre Empfindungen ausdrücken können.

Bei Meet & Speak dienen die Kunstwerke als Impuls- und Ideengeber

Emojis, um Gefühle auszudrücken, wo die passenden Worte fehlen?

Jens Bohnsack: Ja, genau. Es ist also keine klassische Führung, sondern animiert zum Dialog. Ich war parallel dazu in einer anderen Führung und habe mitbekommen, wie sich die Meet & Speak-Teilnehmer bewegt und gelacht haben. Sie haben sich darüber unterhalten, wieso sie das weinende, das staunende oder das sich übergebende Emoji gewählt haben. (lacht)

Katja Schöpe: Nein, ein Kotz-Emoji haben wir nicht dabei! (lacht)

Welche stehen denn zur Auswahl?

Katja Schöpe: Wir haben z.B. das lachende Emoji, und auch das schlafende im Sinne von „Das finde ich langweilig“ oder „Das finde ich nicht so toll“. Wir haben meist vier grundsätzliche Emotionen zur Auswahl. Das Schöne am Ganzen ist, dass die Gruppe den Rundgang bestimmt. Da wo die Emojis liegen, kommt man ins Gespräch, gerade wenn die Meinungen auseinandergehen. Unsere Mitarbeiter nehmen die Ideen auf, und so kann man sich dann sehr angeregt unterhalten.

Jens Bohnsack: Man positioniert sich zwangsläufig, anstatt passiv zu rezipieren. Darum war ich so neidisch. Ich dachte,  ich bin in der falschen Gruppe, weil die andere so einen lustigen emotionalen Prozess durchlaufen durfte. Das ist schon sehr cool.

Momente des Austauschs sind einem noch lange nahe.

Und beinahe beiläufig didaktisch?

Jens Bohnsack: Da geht didaktisch tatsächlich viel ab, aber das merkt man nicht. Du setzt dich viel intensiver mit den Dingen auseinander, verhältst dich emotional dazu, lernst in einer Gruppe. Das sind alles Dinge, die den Lerneffekt steigern. Momente des Austauschs sind einem noch lange nahe. Ich persönlich halte es auch für eine riesige Leistung, dass sich die Leute trauen, etwas zu den Werken zu sagen. Wir sind meistens in der Situation, dass wir uns als Besucher zu klein fühlen und unser Wissen im Vergleich mit dem der Museumsexperten als zu gering ansehen. Und dann sagt man lieber nichts. Aber es ist so schön, wenn es mal gelingt, diese Schwelle zu senken. Wenn ich weiß, dass ich nur sagen muss, ob es mir gefällt oder nicht, ich nur ein Emoji hinlegen muss, dann fällt mir das leicht. Und das ist wiederum der Anlass, um darüber ins Gespräch zu kommen.

Katja Schöpe: Man darf auch nicht vergessen, dass die deutschsprachigen Personen sich ja ganz einfach ihrer Sprache bedienen und sich erklären können, während viele, die erst Deutsch lernen, oft das Gefühl haben, sie können es nicht gut genug. Sie unterschätzen ganz oft ihre Sprachkenntnisse und trauen sich nicht. Dann ist eben dieses simple Emoji das Mittel. Man legt es hin und wird eventuell darauf angesprochen und dann reicht ein einfacher Satz, um zu sagen, wieso ich mich dafür entschieden habe, ohne dass es einen komplexen Sprachüberbau benötigt.

Meet & Speak wird demnach fortgeführt?

Katja Schöpe: Ja, das wird es. Es muss sich ja auch erst einmal etablieren. Wenn das Interesse besteht, versuchen wir das für alle Ausstellungen zu ermöglichen. Wir wollen da flexibel und offen sein, denn die Interessen sind auch sehr differenziert.

K. Schöpe und J. Bohnsack im Gespräch
Ideenaustausch zu Integration und Kunstvermittlung – K. Schöpe und J. Bohnsack im Gespräch