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Ausstellungsansicht, Foto: Bernd Lammel, 2019 © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

Beethoven ganz nah

Moderierte Klavier-Matineen mit Martin Stadtfeld

Ein Konzert bei laufendem Ausstellungsbetrieb, gewissermaßen ‚mittendrin‘, noch dazu an einem Sonntagvormittag, wenn die Besucher*innen besonders zahlreich in die aktuelle Beethoven-Ausstellung Welt.Bürger.Musik strömen – kann das gutgehen? Es kann!

Dass in einer Beethoven-Ausstellung die Musik im Mittelpunkt steht, versteht sich von selbst. Man kann sie hier auf vielfältige Weise erleben: eher ,abstrakt‘ anhand der einzigartigen Handschriften des Komponisten; über Kopfhörer in sorgfältig ausgewählten Musikbeispielen des Media-Guides und an den Hörstationen; sie steht auch im direkten Wechselspiel mit den ausgestellten historischen Instrumenten der Beethoven-Zeit. Diese Vermittlungsangebote spielen sich in einem nach außen lautlosen Modus ab. Doch uns war es wichtig, Beethovens Musik in den Ausstellungsräumen hörbar e r k l i n g e n zu lassen, diese gewissermaßen energetisch aufzuladen. Diesem Herzensanliegen verdankt sich die kleine Konzertreihe in der Ausstellung.

Historische Hammerflügel wie Beethoven sie spielte

Am vergangenen Sonntag fand das inzwischen fünfte Gesprächskonzert der insgesamt zwölfteiligen Matinee-Reihe statt, die von dem Pianisten Martin Stadtfeld kuratiert wird. Im Mittelpunkt der Reihe steht das wichtigste Beethoven-Instrument überhaupt, das Klavier. Während der Konzerte kommen vor allem die beiden Nachbauten historischer Hammerflügel zum Einsatz, wie Beethoven sie spielte – ein Flügel von Andreas Stein aus dem Jahr 1786 und ein Flügel von Thomas Broadwood von 1817. In unterschiedlichen kammermusikalischen Formationen und in Soloauftritten werden Beethovens Kompositionen von namhaften Interpret*innen zu Gehör gebracht und dabei kenntnisreich, bisweilen ausgesprochen humorvoll, kommentiert. Dass dieses Format allen Beteiligten viel Freude bereitet, ist kaum zu überhören.

Die Matineen finden in einem Ausstellungsraum statt, der Beethovens Klaviersonaten gewidmet ist und an dessen Wänden Originalgemälde eines Wiener Musiksalons um 1900 hängen. Diese besondere, intime Umgebung weckt Assoziationen an Privatkonzerte in adligen oder bürgerlichen Salons der Beethoven-Zeit. In diesen Begegnungsräumen hat man Musik gehört und gesellschaftlichen Umgang gepflegt, Kunstgenuss und Unterhaltung wurden als gleichberechtigt betrachtet. Die Besucher saßen oder standen, einige gingen umher oder blieben ins Gespräch vertieft.

Die Musik wirkt unmittelbar, fast physisch greifbar

Die Atmosphäre unserer Matineen erinnert an diese besonderen Orte der europäischen Musikkultur. Es gibt 50 Sitzplätze, zahlreiche Besucher*innen hören im Stehen zu, andere lassen sich beim Betrachten der Musikautographen nicht stören und folgen ihrem eigenen Besuchsrhythmus. Im Raum ist eine konzentrierte Aufmerksamkeit spürbar, doch es herrscht keine andächtige Stille, man hört kein indigniertes „Psst!“ beim kleinsten Nebengeräusch und kein obligates Hustenkonzert zwischen den einzelnen Sätzen: Hier scheinen die üblichen Konzertrituale der Zuhörenden ebenso außer Kraft gesetzt wie die weihevolle Distanz, welche die Ausführenden normalerweise vom Publikum trennt. Dadurch wirkt die Musik ganz unmittelbar, fast physisch greifbar – „Beethoven ganz nah“ eben.

Die Resonanz auf diese kleine Konzertreihe, die noch bis zum 26. April läuft, hat uns überwältigt. Innerhalb kürzester Zeit waren die Zählkarten für die Sitzplätze fast aller Konzerte vergeben. Dennoch möchten wir alle Interessierten ermutigen, das Programm auf unserer Website wahrzunehmen und sich sonntags um 11 Uhr auf den Weg in die Ausstellung zu machen. Es erwarten Sie, außer den wunderbaren Exponaten, ein lebendiges Musikvergnügen und vielleicht sogar ein unverhofft frei gebliebener Sitzplatz …