Das Schaf und der Kunstmarkt

Wie bestimmt man den Wert von Kunst?

Lässt man den Wert von Kunst durch Expert*innen schätzen? Sind die Seltenheit oder die kulturelle Bedeutung angemessene Währungen? Oft entscheidet eine ganz andere Ressource den Wert: die Aufmerksamkeit, die einer Arbeit entgegengebracht wird.

Genau das will ein kleines, unscheinbares Ölgemälde des Duos Christa Sommerer und Laurent Migonneau in der Ausstellung Wir Kapitalisten dem Betrachter vermitteln: Ihr Werk The Value of Art – Sheep`s Head, nicht größer als eine DIN A4-Seite, zeigt den Kopf eines Schafes. Unter dem breiten Rahmen ist ein Gerät angebracht, das die Zeit misst, die man vor der Arbeit verbringt. Mithilfe der Zeit wird der Wert des Kunstwerks berechnet, der dann auf einen Beleg gedruckt wird.

Aufmerksamkeit als Währung

Aufmerksamkeit als neue Währung, als Ressource, das ist in vielen Teilen unseres Lebens schon die Realität: Daten gewinnen immer mehr an Wert, digitale Angebote überschütten uns mit Informationen und Inhalten. Wer die Aufmerksamkeit der Benutzerinnen und Benutzer gewinnt, der verdient damit Geld: Apps werden so designt, dass der User möglichst viel Zeit mit ihnen verbringt. So bietet Youtube eine endlose Schleife von immer neuen Videos, und soziale Netzwerke bieten einen endlosen Feed aus immer neuen Posts. Genauso ist das auch in der Kunst: Aufmerksamkeit kann den Wert eines Werkes ungemein steigern.

Wertvolle Zerstörung

Ein sehr berühmtes Beispiel dafür ist die Arbeit Girl with Balloon des englischen Straßenkünstlers Banksy. Der anonyme Künstler wollte das Bild, eine Zeichnung in einem Goldrahmen, während einer Auktion schreddern. Das ging aber gründlich schief, weil der Schredder bei der Hälfte stehen und das Kunstwerk damit erhalten blieb. Die versuchte Zerstörung brachte dem Bild viel mediale Aufmerksamkeit ein und erhöhte damit auch dessen Wert: Das Werk wird heute auf über 1,8 Millionen Euro geschätzt und ist damit um etwa 50% teurer als der ursprüngliche Auktionspreis von 1,2 Millionen Euro.

Dieses Beispiel ist ein lebendiger Beweis dafür, dass Sommerer und Migonneau recht haben: Je mehr Aufmerksamkeit wir einem Werk schenken, desto wertvoller wird es.

The Value of Art – Sheep`s Head ist noch bis zum 30. August in der Ausstellung Wir Kapitalisten. Von Anfang bis Turbo in der Bundeskunsthalle zu sehen.

Christa Sommerer und Laurent Mignonneau, The Value of Art – Sheep’s Head, 2010, Sammlung Haupt, Berlin