Escape Act © Blommers & Schumm

Körper als Kommunikation

Im Gespräch mit der Choreografin und Performerin Alexandra Bachzetsis

Ist es möglich, einen Körper wahrzunehmen oder zu begehren, ohne ihm Gender, Hautfarbe, Alter oder Wert zuzuschreiben? Wie beurteilen wir, was echt ist und was nicht? Mit feiner Ironie widmet sich Alexandra Bachzetsis in ihrer neuen Arbeit der Frage nach Sein und Schein und der Sehnsucht nach der Konservierung der Jugendlichkeit. Ihre Choreografie zitiert die Bildsprache heutiger Pornografie, Queer Culture und YouTube-Tutorials ebenso wie die Formensprache des Triadischen Balletts. Im Gespräch erläutert Bachzetsis ihre Suche nach einer Existenz zwischen etablierten Codes und Normen.

Du bist Choreografin, Tänzerin und bildende Künstlerin. Welche Rolle spielt der menschliche Körper für deine künstlerische Arbeit?

Der Körper in seiner Gesamtheit bildet für mich eine Art Material, genauso wie die Erinnerung an den Körper und das, was er repräsentiert – über kulturelle und geschichtliche Grenzen hinaus. Dafür setze ich meinen Körper und die der anderen Performer/-innen ein, als  Form der Kommunikation, als Ort des Wandels und des Experimentierens.
Es ist vor allem die gewaltige Natur des menschlichen Körpers, die mich dabei fasziniert, die zahlreichen Facetten der Geschlechterrollen, Altersunterschiede und manifestierten Spuren der eigenen Präsenz.

„Go back home and start from scratch!“

Du hast unterschiedliche Aspekte darstellender Künste an verschiedenen Schulen / Institutionen in Zürich, Verscio, Leuven und Amsterdam studiert, was dir sicherlich ein solides Fundament für deine Arbeit als Choreografin und Tänzerin verliehen hat. Deine Ausbildung in der bildenden Kunst ist weniger definiert. Wie bist du zur Kreation von Kunstwerken und Ausstellungen gekommen?

Ich glaube nicht an solide Fundamente, die in definierten Kategorien in Erscheinung treten. Ich bin der bildenden Kunst genauso verbunden wie dem Theater, Film, Tanz oder der Musik. Für mich wird die künstlerische Praxis nicht von einer etablierten Institution definiert oder festgelegt – vielmehr zählt der innere, persönliche Lebensweg im Dialog mit der physischen Wahrnehmung. Die Verknüpfung zwischen Objekten und Handlung und die  Objektivität von Körper und Bewegung interessieren mich. Ich glaube, gespalten oder mit sich selbst nicht ganz im Reinen zu sein, ist Voraussetzung für das Erschaffen einer neuen  Identität.

Wie schaffst du es neben Performances für Theater und Ausstellungsräume auch noch Video-Installationen zu kreieren?

Die Arbeit in Galerien sehe ich als Erweiterung der performativen Praxis. Als Format erlaubt dies mir, meine eigene Praxis zu beobachten, die ich, durch den kurzfristigen Stillstand einer Ausstellung sozusagen, aufhebe. Das verleiht der ohnehin flüchtigen Form der Performance-Kunst einen absolut neuen Aspekt.

„Perform realness!“

Deine in Paris gezeigte Ausstellung An Ideal for Living ist Teil einer Forschungsreihe,  welche auch zur Kreation der Arbeit Escape Act geführt hat. Wie hast du diese zusammenhängenden Projekte erarbeitet?

Ich habe zwei Formate gleichzeitig entwickelt, beide entstammen der gleichen Forschungsquelle. Ich wollte mit Performer/-innen unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichen Körpern arbeiten, sowie mit Objekten, die zu Körpern oder Kleidungstücken werden, oder Körper, die aus Kleidung oder Textilen bestehen, wie z.B. gepolsterte Jeans, T-Shirts und Perücken. Für die Musik zu Escape Act habe ich Zitate aus einer Dokumentation über die Vogueing-Kultur der 80er verwendet, diese dann mit Phrasen gemischt, die ich dazu erfunden habe: dress up as your fantasy, perform realness, go back home and start from scratch, win to get into the house, do a dance, sing a song, make a walk.
Die Ausstellung sowie die daraus entstandene Performance vereinen dieselben Objekte.
Hier ist es die Umkehrung von Körper und Objekt, die mich fasziniert, die dabei entstehende Spiegelung und Verschmelzung. Es ist die Konstruktion von Fantasie und Begehren.


live arts präsentiert
Alexandra Bachzetsis. Escape Act
Freitag, 8. März 2019, 20 Uhr
in der Bundeskunsthalle

Escape Act © Blommers & Schumm
Escape Act © Blommers & Schumm