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Doppelleben

Bildende Künstler*innen machen Musik

Doppelleben rückt Künstler*innen in den Fokus, die neben ihrem bildnerischen auch ein musikalisches Werk haben, also Musik schreiben, aufführen, produzieren oder sich an Bandprojekten beteiligen. Seit der frühen Moderne gewinnt dieses Phänomen zunehmend an Bedeutung – bis zur aktuellen Situation, in der  auffallend viele bildende Künstler*innen zugleich musikalisch aktiv sind. Die Ausstellung verfolgt diese Entwicklung durch das gesamte 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart.

Performative Herangehensweisen

Mit der zunehmenden Öffnung der Gattungsgrenzen entwickeln Künstler*innen mehr und mehr das Selbstbewusstsein, sich nicht auf ihr angestammtes Terrain zu beschränken, sondern den jeweils spezifischen Intentionen eines Werkes entsprechend aus dem breiten Spektrum der künstlerischen Medien zu wählen. Der Musik wenden sie sich deshalb gerne zu, weil die bildende Kunst selbst bereits vielfach Eigenschaften angenommen hat, die der Musik von vornherein innewohnen. Dazu zählen performative Herangehensweisen ebenso wie verschiedene Formen der Zusammenarbeit oder kollektiven Autorenschaft. Auch sucht die bildende Kunst zunehmend einen unmittelbareren Kontakt zum Publikum und versteht Kunstproduktion wie -rezeption vermehrt als Formen gemeinschaftlicher Erfahrung und sozialer Kommunikation.

Die Entscheidung für die Musik bedeutet allerdings oft mehr als nur einen Medienwechsel. Öffentliche Musikauftritte oder die Produktion von Tonträgern bringen auch andere Arbeitsbedingungen und -orte sowie ein anderes Publikum mit sich. Der einem Buch Jörg Heisers entlehnte Ausstellungstitel Doppelleben ist in diesem Sinne zu verstehen. Tatsächlich kann die Art, wie einzelne Künstler*innen die beiden Bereiche auseinanderhalten oder verschränken, sehr unterschiedlich sein. Bei manchen ist die Tätigkeit in beiden Feldern allgemein bekannt, während andere in jedem Bereich eine eigene Fangemeinde haben – ein breites Spektrum mit vielen Zwischentönen.

Unverfroren und radikal

Die Zusammenschau in dieser Ausstellung macht bewusst, welche Impulse bildende Künstler*innen  der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts geliefert haben. Sucht man ab dem ausgehenden 19. Jahrhunder generell nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten durch Erweiterung des Klangspektrums und Aufbrechen von tradierten Konventionen hinsichtlich Tonalität, Harmonie oder Rhythmik, gehen bildende Künstler*innen als Außenseiter*innen und oft sogar Dilettant*innen in diesem Feld dabei oft unverfrorener und damit radikaler vor, da sie e von den Traditionen und Regeln dieser Disziplin weniger belastet sind. Das gilt für das Komponieren mittels Zufallsprinzip ebenso wie für die Entwicklung der Geräusch- und Lärmmusik. Bildende Künstler*innen haben schon früh Prinzipien der späteren Minimal wie auch der Drone Music angewandt oder waren mit ihrem bewussten Regelbruch in Genres wie Jazz oder Rock Wegbereiter*innen für die Bad-Strategien von Punk und „Dilettanten“-Musik. Auch im vielfältigen und divergenten Spektrum des aktuellen Musikschaffens spielen ihre Ansätze eine nicht zu unterschätzende Rolle.


DOPPELLEBEN
Bildende Künstler*innen machen Musik
23. Juni – 18. Oktober 2020
in der Bundeskunsthalle