Starke Frau am Flügel

Ein Gespräch mit Hania Rani

Eine starke Frau am Flügel: Hania Rani ist auf Festivals und Konzertbühnen gleichermaßen zu Hause. Sie komponiert für Strings, Piano, Gesang, spielte u. a. in der Nationalphilharmonie Warschau, im Roundhouse London oder im Funkhaus Berlin und ist eine aktive Grenzgängerin zwischen Stilen und Genres. Wir nutzten die Gelegenheit für ein kurzes Gespräch vor ihrem exklusiven live arts-Konzert in der Bundeskunsthalle.

Das live arts-Programm befasst sich v.a. mit interdisziplinären Kunstformen und Formaten. Du selbst kollaborierst gern mit bildenden Künstlern*innen. Warum ist das so? Wie ist es dazu gekommen?

Bildende Kunst war mir immer wichtig, und ich finde es inspirierend, von anderen künstlerischen Disziplinen zu lernen, nicht nur von der Musik. Mein Vater ist Architekt, also bin ich bereits in einem Haus aufgewachsen, in dem visuelle Aspekte wie zum Beispiel Form, Struktur und Komposition auch im Alltag eine wichtige Rolle eingenommen haben. Vielleicht habe ich mich deshalb entschlossen, dieser Leidenschaft nachzugehen und nach Möglichkeiten zu suchen, um weiterhin von Künstlern, Architekten und ihrer Arbeitsweise umgeben zu sein. Ich beobachte gerne die Denkweise anderer, ihre Art, Dinge zu verstehen. Sehr oft eröffnen sich mir dadurch neue Ideen und Möglichkeiten.

„In fremden Händen kann die eigene Musik anders klingen, vielleicht sogar noch besser.“

Du veröffentlichst nicht nur Alben, sondern auch (Musik-)Bücher und verbindest eigene Kompositionen mit Kunst und Fotografie. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit mit anderen Künstlern*innen und was reizt dich daran?

Ich komme aus einer traditionellen klassischen Musikwelt. Bevor ich Esja veröffentlicht habe, studierte ich viele Jahre klassisches Klavier, zuerst in der Musikschule meiner Heimatstadt und dann an den Musikuniversitäten in Warschau und Berlin.
Ich halte Musikpartituren und Notenschrift für eine der faszinierendsten menschlichen Entdeckungen und Möglichkeiten, Kunst zu kommunizieren. Ich finde, dass die Partitur der Musik ein zweites oder sogar „neues“ Leben gibt. In fremden Händen kann die eigene Musik anders klingen, vielleicht sogar noch besser. Jede Neuinterpretation eines Kunstwerks spendet neues Leben, ein neues Licht. Ich habe immer davon geträumt, Partituren zu veröffentlichen, hätte aber nie gedacht, dass es am Ende passieren würde. Als sich eine gute Gelegenheit dafür ergab, habe ich nicht zweimal darüber nachgedacht. Ein weiterer erfreulicher Aspekt war die Arbeit an der grafischen Gestaltung  des Buches. Ich bat meine Freundin – eine wundervolle Grafikdesignerin – Nicola Cholewa, nicht nur das Cover sondern das ganze Buch zu entwerfen. Wir haben beschlossen, im Inneren Klavierpartituren mit Collagen von Anthony Zinonos und Fotos von Marcin Leszczyński zu mischen, die wir vor einigen Jahren in den polnischen Bergen zusammen aufgenommen haben.

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Wovon lässt du dich inspirieren?

Von allem! Jede einzelne Sekunde kann inspirierend sein. Es muss sich dabei auch nicht um Musik oder Kunst handeln. Das Leben selbst, kleine Details alltäglicher Aktivitäten, Diskussionen, Gespräche, das Beobachten von Menschen, Spazierengehen… Ich versuche immer „wach“ und konzentriert zu bleiben. Man weiß nie, was sich hinter der nächsten Ecke versteckt.

„Jede einzelne Sekunde kann inspirierend sein.“

Wir freuen uns sehr darauf, dass du zum ersten Mal auf der Bühne der Bundeskunsthalle zu sehen und zu hören sein wirst. Was kann das Bonner Publikum von deinem Konzert erwarten?

In meinen Konzerten widme ich mich hauptsächlich meinem Debütalbum Esja. Daraus werde ich Songs präsentieren, aber einige der Kompositionen habe ich neu arrangiert, und ich improvisiere auch. Ein paar unveröffentlichte Lieder spiele ich ebenfalls, auch solche, bei denen ich singe. Ich denke, das könnte für einige der Zuschauer*innen eine kleine Überraschung sein.

Wie wichtig sind dir Live-Auftritte und der direkte Kontakt mit dem Publikum?

Sehr wichtig. Es ist ein ganz anderer und sehr besonderer Teil meines Lebens. Ich denke, man kann anderen Menschen nur sehr schwer das Gefühl erklären, wie es ist, fast „nackt“ auf der Bühne zu stehen und die privatesten Gedanken und sein Innenleben mit – sagen wir – Fremden zu teilen. Der Prozess ist faszinierend und einfach magisch. Ich denke, diese Art von Treffen ist für beide Seiten eine der seltensten Erfahrungen – für Performer und Publikum.


live arts – HANIA RANI – Konzert
Dienstag, 18. Februar, 20 Uhr
in der Bundeskunsthalle

Hania Rani by Nat Kontrakiewicz
Hania Rani by Nat Kontrakiewicz
Hania Rani by Alfheidur Gudmundsdottir